Heute werde ich über Modegeschichte sprechen. Letztes Jahr habe ich im Zuge eines Projektes einiges über das viktorianische Zeitalter recherchiert. Damit ihr das modetechnisch einordnen könnt, könnt ihr euch an den Filmen “Sissi”, “Vom Winde Verweht” oder meiner Lieblings-ZDF-Vorweihnachtsserie “Fackeln im Sturm” orientieren. Ich kann mich noch genau daran erinnern wie ich damals meine Bettdecke mit einem Gürtel umgeschnallt habe, um auch so einen tollen weiten Rock zu haben und Sissi sein zu können.

Und genau um diese Röcke geht es auch hier. Diese hießen Krinolinen – unter dem Stoff war eine Drahtkonstruktion, die die Röcke und Unterröcke hielt. Allein mit Stoff hätte man das Volumen nämlich nicht hinbekommen. Bei meiner Recherche bin ich in dem Buch “Victorian Lady’s Guide to Fashion and Beauty” von Mimi Matthews in Zusammenhang mit den Krinolinen über einen Satz gestolpert, der sich mir eingebrannt hat und der war “Take up more space”.

Wie wir alle vermutlich heute wissen treibt Mode einen Trend immer weiter ins Extrem – und so war es auch mit den Krinolinen. Sie wurden so groß, dass spazierende Damen die ihnen entgegen kommenden Herren prinzipiell von den Gehwegen stießen und zu viel Platz in den Straßenbahnen einnahmen. Und ich fand das Sinnbild dahinter so wunderbar.

Wie wir alle wissen hatten Frauen damals nicht besonders viele gesellschaftliche oder sonstige Rechte und sie hatten einen Weg gefunden die Herren zu ärgern und nebenbei auch noch ganz wundervoll auszusehen. Es gab sogar eine von Männern initiierte Petition damals, die Krinolinen abzuschaffen. 

Wie beeindruckend ist das denn bitte? Frauen haben also die Mode dazu verwendet, mehr Platz im gesellschaftlichen Leben einzunehmen – wortwörtlich. Natürlich ging der Trend wieder zurück und später, in den 1920ern und auch kriegsbedingt wurde eine schmalere Silhouette und durch Coco Chanel dann auch die bequeme Jerseymode ohne Korsett gängig, modern und praktikabel. Frauen hatten andere Wege gefunden aufzufallen und in der Gesellschaft aktiv teilzunehmen. 

Aber, wenn wir ehrlich sind: Wir haben noch einen sehr langen Weg vor uns bis Frauen und Männer in der Gesellschaft endlich gleichwertig behandelt werden. Seien es die ungleichen Löhne und Gehälter, die Mama-Strafe in der Karriere, im Verdienst und in der Rente, die Besetzung von Toppositionen oder die Möglichkeit Investoren zu finden – ich muss da gerade an die Höhle der Löwen denken und die beiden Menstruationsprodukte. In das nachhaltige von Frauen für Frauen entwickelte Produkt wurde nicht, investiert aber in das von Männern für – seien wir mal ehrlich – Männer entwickelte plastikmüllverursachende Menstruationsprodukt (ehrlich gesagt nur ein pinker Einmalhandschuh) wurde investiert.  Aber ich schweife vom Thema ab. 

Kurz: Wir müssen mehr Platz einnehmen – für uns und für alle Frauen jetzt und in Zukunft. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Frauen und Männer brauchen, um die Welt wie wir sie kennen zu retten. Daher: Take up more space! Nehmt mehr Platz ein. 

Aber wie?

Mit Deinem Körper

 Du bist gut so wie Du bist! Du musst nicht auf eine Größe 32 schrumpfen und so klein und zierlich sein, dass man Dich umblasen kann. Wenn das natürlich Deine normale Körperform ist – super, ich find es stark und gratuliere Dir, wenn Du Dich damit wohl fühlst. Aber wenn Du eine Größe 46 oder 48 bist ist das genau so toll. Du darfst und sollst und kannst trotzdem mit Feuer und Leidenschaft und Selbstvertrauen auftreten. Die Gesellschaft will uns klein halten und auf das Schönheitsideal pressen. Manchmal hat man das Gefühl, man will einfach, dass wir uns andauernd mit irgendwas Neuem beschäftigen. Die neueste Diät, die neuste Mode, die neueste It-Bag und die neuste Skinny Jeans, in die man hinein passen sollte. Das ist doch alles BS. Ihr seid PERFEKT so wie ihr seid. Also nehmt Platz ein. Im wahrsten Sinne des Wortes und erlaubt es euch.

Mit Deinem Style

Sei laut. Ich hatte irgendwann mal so eine Erleuchtung als ich mit meinem Jüngsten zu einem Kindertanzkurs gegangen bin. Wir Mamas sahen alle gleich aus. Alle hatten eine Skinny Jeans von H&M, ein Long-Sleeve, die Haare irgendwie in einen Messy Bun geschlungen, zwei Mamas hatten sogar dieselben Socken von H&M dazu an. Die meisten hatten dazu Turnschuhe und den Rucksack der gleichen Marke. Wir waren absolut austauschbar. Und ich fand das grauenhaft. Klar, das war damals einfach das bequemste, wenn man dauernd mit kleinen Kindern auf dem Boden rumrutscht. Aber Du darfst und sollst und kannst auffallen. Du darfst ausprobieren. Du darfst und sollst Deinen ganz eigenen Stil haben. Du musst nicht im Einheitsbrei der neuesten H&M oder Zara Kollektionen untergehen.

Mit Deiner Meinung

Es ist Zeit, den Mund aufzumachen. Gehörst Du zu der Fraktion, die in den Meetings immer froh ist, wenn sie nichts sagen muss? Die eifrig auf ihren Notizblock schreibt? Deine Meinung zählt. Niemand erwartet von Dir, dass Du ein neues Naturgesetz entdeckst oder die Welt veränderst. Es ist möglich, dass Deine Meinung keine neue Einsicht bringt – aber sie ist dennoch wichtig. Vor allem für Dich. Die Tatsache, dass Du Dich gemeldet hast, dass Du Deine Meinung als gleichwertig in die Waagschale geworfen hast, ist genug und grandios. Ich habe es mir zur Angewohnheit gemacht zu versuchen immer was zu sagen oder als erste etwas zu machen – es ist noch nicht ganz der Automatismus, den ich mir wünsche, aber ich denke gar nicht mehr so sehr darüber nach und mache meinen Mund auf, wenn ich es für angebracht halte. Aber ich lasse mich nicht mehr einschüchtern (zumindest von den meisten nicht!). Deine Meinung zählt. Egal was es ist. Und auch die Meinung der anderen zählt. Seine Meinung zu sagen und gleichzeitig anderen den Platz für Meinung und Austausch zu gewähren ist das Ziel.

Mit Deinen Wünschen

Was wünschst Du Dir? Große Wünsche und kleine Wünsche? Eine Reise in die Südsee? Spaghetti zum Abendessen? Eine Putzfrau? Jeden Morgen Latte Macchiato? Einen Nagellack, der nicht splittert? Weltfrieden? Matriarchat? Einen Abend mit Brad Pitt und George Clooney? Einmal ungestört aufs Klo gehen? … egal, was Du Dir wünschst: Steh dazu! Es ist unglaublich wichtig zu seinen Wünschen zu stehen und diesem Teil von Dir Platz zu geben. Denn unsere Wünsche haben einen Grund und sind nicht irgendwelche Flausen, die wir gerade zufällig im Kopf haben. Horche in Dich hinein und äußere Deine Wünsche. Deinem Mann gegenüber, wenn Du mal etwas anderes erleben möchtest als nur wieder einen Abend vor Netflix. Melde Dich bei der Organisation, die eine Sache unterstützt, die Dich nicht mehr ruhig schlafen lässt. Lerne Martial Arts und werde zu der Amazone, die Du sein möchtest. Gönn Dir eine Nacht im 6-Sterne-Hotel und feiere Dich für eine Nacht. Leiste Dir die Putzfrau, wenn es Dir Erleichterung gibt. Die Erfüllung Deiner Wünsche hat positive Effekte auf Dich und Deine Umgebung und wird andere anstecken ebenfalls ihre Wünsche zu erfüllen, die sich dann ebenfalls gut fühlen. Ich weiß: Nicht alle Wünsche sind sofort erfüllbar. Wenn Du einen Lamborghini möchtest oder ein Smaragd-Collie wird das natürlich nicht gleich geschehen. Aber äußere die Wünsche Dir und auch anderen gegenüber, wenn es wirklich tiefsitzende Wünsche sind und nicht nur Mittel, mit denen Du Dich anderen gegenüber besser darstellen möchtest. Man weiß nie, was die Universum bereit hält, wenn man fest hält an seinen Wünschen.

Mit Deinen Zielen

Habe Ziele. Kleine und Große. Du willst CEO von einem Fortune 500-Unternehmen werden? Du willst Schönheitskönigin werden? Weltmeister im Hammerwerfen? Du willst in zwei Jahren nach Australien auswandern? Endlich eine Methode finden mit Deiner chronischen Krankheit klar zu kommen? Du willst zehn Liegestützen schaffen? Das alles sind Ziele. Setze sie Dir. Und setze Dir große Ziele. Warum nicht gleich das Guiness Buch? Warum nicht mit der Queen eine Tasse Tee trinken? Den Friedensnobelpreis? Wir Frauen müssen lernen höher zu stapeln. Tiefstapeln kann jeder. Eine Frau, die kompromisslos einzigartig ist kennt keine Glasdecke und kein Limit und nimmt den Platz ein, den sie sich als Ziel gesetzt hat.

Mit Deiner Community

Suche Dir eine Gruppe von Bekannten und Freunden, die Deine Meinung von einem kompromisslos einzigartigen Leben teilen. Je mehr Frauen ein Leben leben ohne geistige Hemmschwelle, die Platz einnehmen mit ihrem ganzen Wesen, die Positives in die Welt hineintragen und allen ein erfülltes Leben wünschen und gewähren, desto weniger Platz gibt es für Lästermäuler und Duckmäuse und solche, die dich runter ziehen. Es geht darum gemeinsam besser zu werden – und jede einzelne trägt dazu bei.

Nimm mehr Platz ein – für Dich, Deine Tochter, Deine Nichte und alle die Frauen, die eine starke Community brauchen, die nicht die Möglichkeiten haben, die wir haben.